Antje Schneider
Dr. Beate Solth
Tel: 06421-982963
Fax: -65
E-mail: Tierschutz MR@T-online,de
Arbeitsgruppe Schlachttiertransporte des
Tierschutzvereins Marburg e.V.
Auf Einladung des Kanzleramtsministers,Herrn F.Bohl,
mit dem wir schon früher über das Thema Schlachttiertransporte
korrespondiert hatten, kamen wir am 9.6.1998 zu einem Gespräch ins
Bonner Kanzleramt.
Als Vertreter der Gruppe, die den Schlachttiergottesdienst am 24.5.1998
in Marburg vorbereitet hatten, waren dabei:
Frau Steffanie Koch,Frau Dr. Beate Solth, Frau Antje Schneider und Herr Dr. Guido Knörzer.( Auf dem Foto von links nach rechts mit Herrn Bohl.)
Unsere Gesprächspartner waren Herr F. Bohl, sowie Herr Dr.Baumgartner, Herr Bohlen und Herr Dr. Westerhoff vom Kanzleramt.
Wir legten 8 Forderungen vor, über die Im Laufe von 2 Stunden diskutiert wurde:
1.Abschaffung der Lebendexportprämie
2. Abschaffung der Herodesprämie
3.Schlachtung im eigenen Bundesland
4.Transportzeit von Ladebeginn an
5.Mehr und effektivere Kontrollen
6.Tierschutz ins Grundgesetz
7.Fleisch soll seinen echten Preis kosten; Subventionen nicht für
Tierquälerei sondern an bedürftige Menschen
8.Milchprodukte sollen ihren echten Preis kosten.
Herr Bohl zeigte sich interessiert an den Themen. Auch er hielt manche Zustände für unhaltbar, sah aber wenige Möglichkeiten, seitens der Bundesregierung einzuschreiten.
Er empfahl uns, unser Anliegen international zu vertreten und uns z.B. an die EU-Kommissare zu wenden.
Die Abschaffung der Herodesprämie wünschte auch er.
Herr Dr. Baumgartner, als Ministerialrat zuständig für Tierschutz,
gab zunächst unklare Auskunft über das Auslaufen der Herodesprämie,
Oktober oder Dezember 1998, fand bei genauerer Durchsicht seiner Unterlagen
aber, daß sie wohl bis zum Jahr 2000 fortbestehen dürfte.
In wieweit sich die Agenda 2000 auf speziell diese Prämie auswirken
wird, konnte er nicht sicher absehen.
Unsere Forderung, die Herodesprämie über eine 10%ige Erhöhung
des Milchpreises und die Lebendexportprämie durch eine leichte Erhöhung
des Fleischpreises, sowie durch die Erhöhung der Prämie für
den Export von Kühlfleisch entbehrlich zu machen, wurde als unpraktikabel
und idealistisch abgelehnt.
Nach unseren Erfahrungen finden es jedoch viele Leute aus ethischen Gründen
nicht akzeptabel, Milch zu konsumieren, die durch das Leid der Herodeskälber
verbilligt wurde.
Unsere Gesprächspartner sahen auch keine Möglichkeit für
die Abschaffung der Lebendexportprämie für Rinder, allenfalls
für einen Abbau in kleinen Schritten.
Die Politiker meinten, die Gesetzgebung den Tierschutz betreffend sei ausreichend
und bedürfe keiner Verankerung im Grundgesetz. Für die Durchführung
seien ohnehin die Länder zuständig.
Unser Einwand, die Transporte in den Nahen Osten stellten "Beihilfe
zum Schächten "- eine bei uns ausdrücklich verbotene Praxis-
dar, wurde nicht beachtet.
Nach einer Stunde mußte Herr F. Bohl uns verlassen. Wir diskutierten
noch weitere Einzelheiten. Dabei malte Herr Dr. Baumgartner ein sehr positives
Bild von den augenblicklichen Zuständen bei den Ferntransporten und
der Verladung am Mittelmeer, was wir nach uns bekannten Berichten nicht
so sehen.
Er selbst sei vor kurzem in Triest gewesen und habe alles in Ordnung
gefunden.
Ob die ab 1.9.1998 gesetzlich vorgesehenen Kontrollen wirklich ausreichend
sein werden, erscheint uns fraglich. Auf Nachfrage, wie er sich das Kontrollsystem
bei Ankunft der Tiere im Nahen Osten vorstelle, meinte Herr Dr. Baumgartner,
ein Tierarzt mit Sitz in Kairo könne von dort aus sämtliche ankommenden
Schiffe in Ägypten, Libanon, Tunesien, Saudi Arabien u.s.w. ausreichend
kontrollieren.
Nach seiner Meinung ist es möglich, bis zum 1.9.1998, also in nicht
ganz drei Monaten, ein gut funktionierendes Kontrollsystem in den Ankunftsländern
aufzubauen.
Am Nachmittag unterhielten wir uns mit Herrn Goldhammer und Herrn Neumann, Bundestagsabgeordneten der CDU, über das gleiche Thema.
Auch hier wurde uns wenig Hoffnung gemacht, daß die Bundesregierung Wesentliches zur Verbesserung der Lage der Schlachttiere beitragen könnte. Positiv beurteilten sie unseren Plan, Mobilschlachteinheiten zu unterstützen.
Die Aufnahme des Tierschutzes ins Grundgesetz hielten auch sie für
überflüssig, sagten aber lakonisch, sie werde sowieso über
kurz oder lang kommen.
Es gibt kaum ein Thema, bei dem, der offensichtliche Wille der Bevölkerung und die politische Praxis so wenig übereinstimmen.
Wir müssen die Politiker auch weiterhin mit dieser Tatsache immer wieder konfrontieren und auf Abstellung der Mißstände drängen.